Wissen & Technik

Vehicle to Grid: Aktueller Stand von Technologie und Ausbau

Elektroautos, die das öffentliche Stromnetz unterstützen und damit zur Sicherung der Energieversorgung beitragen – diese Vorstellung kann durch die Vehicle to Grid Technologie zur Realität werden. In diesem Artikel finden Sie einen Überblick über Vorteile, Voraussetzungen und den aktuellen Stand der V2G Technologie in Deutschland.

Elektroautos, die das öffentliche Stromnetz unterstützen und damit zur Sicherung der Energieversorgung beitragen – diese Vorstellung kann durch die Vehicle to Grid Technologie zur Realität werden. Geparkte E-Autos können dem Stromnetz nicht nur im Zuge der Ladevorgänge Strom entziehen, sondern ihn auch zurückgeben, was sie zum flexiblen Stromspeicher macht. Aber wie funktioniert das konkret, welche Vorteile können entstehen und ist das in Deutschland überhaupt möglich? Dieser Artikel gibt einen Überblick über Vorteile, Voraussetzungen und den aktuellen Stand der V2G Technologie in Deutschland.

Was bedeutet eigentlich Vehicle to Grid?

Vehicle to Grid (V2G) verwandelt Elektrofahrzeuge in mobile Energiespeicher. E-Autos können nicht nur im Zuge ihrer Ladevorgänge Energie aus dem Netz entnehmen, sondern diese auch in das Netz zurückgeben. Damit entsteht die Möglichkeit zur Neugestaltung des Energiemanagements in Deutschland – die V2G Technologie kann in verschiedenen Anwendungsfeldern unterstützen:

  • Optimierung des Strombedarfs
  • Optimierte Integration erneuerbarer Energien
  • Lastmanagement & Ausgleich von Netzschwankungen
  • Dezentralisierung von Energienutzung und -erzeugung

Einen entscheidenden Unterschied gibt es dabei zum bidirektionalen Laden, bei dem es sich um die Technologie handelt, mit der E-Autos Energie aus dem Netz entnehmen, aber auch zurückgeben können. Damit bildet es die Grundlage für Vehicle to Grid. Denn dieses Modell geht noch einen Schritt weiter und behandelt E-Autos wie bewegliche Energiespeicher. Damit können sie aktiv Teil des Energiemarktes werden und dabei unterstützen, das Stromnetz zu stabilisieren, indem sie Spitzenausgleiche und Frequenzregulierung ermöglichen.

Welche Vorteile bringt die V2G Technologie? Ein Überblick

  • Die Technologie kann zur Stabilisierung des öffentlichen Stromnetzes beitragen, indem sie Schwankungen von Angebot und Nachfrage ausgleicht.
  • Elektroautos können erneuerbare Energien speichern, die überschüssig produziert wurden und sie bei Bedarf ins Netz einspeisen.
  • Autofahrer haben die Möglichkeit, finanziell durch die Einspeisung ihrer Energie zu profitieren, indem sie in Zeiten hoher Strompreise Energie in das Netz einspeisen.
  • E-Autos können überschüssig produzierte Energie in ihrem Akku speichern und damit die Effizienz energieproduzierender Anlagen steigern.
  • V2G sorgt durch die Möglichkeit zum Spitzenausgleich oder der Frequenzregulierung für eine flexiblere Energieinfrastruktur.

Vehicle to Grid, Vehicle to Home und Vehicle to Load – die Unterschiede im Überblick

Neben Vehicle to Grid gibt es inzwischen mehrere weitere Einsatzgebiete, in denen überschüssige Energie im Akku eines E-Autos eingesetzt werden kann. Aufgrund ihrer ähnlichen Namen werden sie gerne verwechselt – es gibt allerdings einige Unterschiede.

  • Vehicle to Grid: Hier handelt es sich um die Technologie, mit der E-Autos zum mobilen Energiespeicher werden, indem sie überschüssige Energie in das öffentliche Stromnetz einspeisen und damit Lastspitzen ausgleichen und als Frequenzregulierung agieren können.
  • Vehicle to Home: Statt überschüssige Energie vom E-Auto in das öffentliche Stromnetz einzuspeisen, kann die Energie im Vehicle to Home Modell ins Stromnetz des Hauses zurückgegeben werden. So wird das Fahrzeug beispielsweise zum alternativen Energiespeicher der eigenen PV-Anlage und kann in das eigene Home Energy Management System integriert werden.
  • Vehicle to Load: Bei diesem Modell geht es um den Einsatz der Batterie für die Stromversorgung anderer elektrischer Geräte. Beispielsweise können so auf dem Campingplatz, auf Baustellen oder auch in Notsituationen wichtige Geräte mit Strom versorgt werden.

Alle Einsatzgebiete lassen sich unter dem Sammelbegriff Vehicle to X zusammenfassen – das X dient dabei als Platzhalter für den Empfänger der Energie.

Welche Voraussetzungen müssen für den Einsatz der Vehicle to Grid Technologie erfüllt sein?

Um Elektroautos effektiv im öffentlichen Stromnetz einsetzen zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden.

  • Von Wallboxen mit bidirektionaler Ladefähigkeit bis zur Software für Verwaltung und Steuerung des Ladevorgangs – es benötigt eine Ladeinfrastruktur, die V2G Funktionen unterstützen kann.
  • Um die reibungslose Kommunikation sowie den Datenaustausch zwischen Ladeinfrastruktur, Fahrzeugen und Stromnetz zu gewährleisten, sind entsprechende Schnittstellen nötig.
  • Auch die Fahrzeuge selbst bzw. ihre Batterien müssen fähig sein, die Vehicle to Grid Technologie zu unterstützen.
  • Damit die Verwendung der Technologie einheitlich geregelt ist, benötigt es entsprechende Regeln, Gesetze und Normen, die die Verbindungsmöglichkeiten zwischen Ladeinfrastruktur, Stromnetz und Fahrzeugen gewährleisten.

Der Stand von V2G in Deutschland: Grundlagen sind gegeben

Die Technologie für das bidirektionale Laden und damit die Grundlage für Vehicle to Grid ist in Deutschland gegeben. Inzwischen gibt es auch immer mehr Ladestationen und E-Fahrzeuge, die die Technologie unterstützen – beispielsweise die ID-Reihe von VW, der Hyundai Ioniq 5 und 6 sowie der Nissan Leaf. Auch eine entsprechende Norm gibt es seit April 2023: Die ISO 15118-20 regelt die Kommunikation zwischen Ladeeinrichtung und E-Auto. Vor allem ist damit der Weg für die Vehicle to Home oder to Load Technologie geebnet. Hier ist ausschließlich der Autobesitzer selbst Teil des Prozesses.

Etwas anders sieht der Stand aus, wenn es um die Einbindung ins öffentliche Stromnetz geht, wie es V2G zum Ziel hat. Hier bestehen noch einige Baustellen:

  • Intelligentes Lastmanagement: Damit die Vehicle to Grid Technologie funktioniert, muss Angebot und Nachfrage nach Energie mit den Be- und Entladevorgängen der Autobatterien synchronisiert werden. Dafür benötigt es ein intelligentes Lastmanagement im großen Stil.
  • Abrechnung mit Stromversorgern: Bisher gibt es noch keine Möglichkeit, eingespeisten Strom aus den E-Auto Akkus vergüten zu lassen. Grundsätzlich ist hier jedoch ein ähnliches Modell wie die Einspeisung überschüssiger Energie von PV-Anlagen möglich, das an die Elektromobilität angepasst ist.
  • Technische Unterschiede in Fahrzeugen: Ob Größe der Batterie oder Spannung im Bordnetz – viele E-Autos sind technisch sehr unterschiedlich. Damit umgehen müssen die Wallboxen und Hausanschlüsse, damit keine Schäden an der Batterie oder Kurzschlüsse entstehen.

Fazit: Es benötigt Struktur, Gesetze und ein Geschäftsmodell, um V2G effektiv umzusetzen

Um die Vehicle to Grid Technologie erfolgreich in Deutschland umzusetzen, ist noch einiges zu tun – jedoch vor allem organisatorischer und struktureller Natur. Während die Technologie an sich einsatzbereit ist und beispielsweise für Häuser und elektrische Geräte verwendet werden kann, fehlt es noch an Strukturen für die Einbindung in das öffentliche Stromnetz. Neben dem Bedarf an entsprechendem Lastmanagement oder einem Konzept für die Abrechnung mit Stromversorgern benötigt es auch Gesetze, in denen der Einsatz von E-Autos als Energiespeicher geregelt ist sowie eine Förderung oder anderweitige Anreize für die teurere Technologie in E-Auto und Wallboxen. Rein organisatorisch ist das V2G Modell demnach in Deutschland noch nicht einsatzbereit – die Grundlagen sind jedoch gegeben und die Technologie ist bereits auf einem guten Standard.

Zurück zur Übersicht