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Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland – der Stand 2022

Eines der stark diskutierten Themen ist aktuell der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos in Deutschland. Wir geben einen Überblick über den aktuellen Stand, über Gründe für den stockenden Ausbau, geplante Maßnahmen und die Folgen für den Trend der Elektromobilität in Deutschland.

Eines der stark diskutierten Themen ist aktuell der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos in Deutschland. Um die Elektromobilität weiter voranzutreiben, werden mehr Ladesäulen und eine flächendeckende Infrastruktur benötigt. Während die Zahlen der Neuzulassungen für E-Autos steigen, scheint der Ausbau der Ladeinfrastruktur jedoch zu stocken. Wir geben einen Überblick über den aktuellen Stand, über Gründe für den stockenden Ausbau, geplante Maßnahmen und die Folgen für den Trend der Elektromobilität in Deutschland.

Wie steht es aktuell um den Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland?

Der Ausbau von Ladepunkten in Deutschland ist in den letzten Jahren deutlich vorangekommen. Während es 2017 erst knapp 9.000 öffentliche Ladepunkte gab, stehen inzwischen fast 71.000 in ganz Deutschland zur Verfügung – das besagt die Infografik der Bundesregierung mit Stand Oktober 2022. Vorreiter ist aktuell Bayern. Um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, ist allerdings noch ein weiter Weg zu gehen: Bis 2030 sollen in Deutschland eine Million Ladepunkte zur Verfügung stehen. Dazu reicht das aktuelle Ausbautempo lange nicht aus – ohne Veränderung des Tempos reicht es so laut Berechnungen nur für etwa 200.000 Ladestellen bis 2030. Eines ist also klar: Das Ausbautempo muss stark erhöht werden, um ein flächendeckendes Netz in Deutschland errichten zu können.

Wie sieht es im Rest von Europa aus?

Vergleicht man den Ausbau in Deutschland mit anderen Ländern in Europa, sind wir bereits gut aufgestellt. Ähnlich gut sieht es in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden sowie in Dänemark, Norwegen und Schweden aus. Frankreich und Spanien sind laut Daten vom ADAC mittelmäßig ausgestattet, in Slowenien oder Kroatien haben es Fahrer von Elektroautos aktuell noch sehr schwer, ihr Fahrzeug öffentlich zu laden.

Warum stockt der Ausbau der Ladesäulen aktuell?

Zurzeit scheint der weiter Ausbau von Ladeinfrastruktur nur schleppend voranzugehen. Dafür spielen laut ADAC vor allem 2 Auslöser eine Rolle:

  • Bürokratie: Wie viele andere Bauprojekte wird auch der Bau von Ladestationen für E-Autos durch den bürokratischen Aufwand ausgebremst. Die Zeit, bis ein Standort für Ladesäulen gefunden werden kann und die zugehörigen Genehmigungen vorliegen, ist zu lang und bremst den Ausbau aktuell aus.
  • Lieferengpässe: Die Pandemie und der russische Angriffskrieg haben auch Auswirkungen auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur. In zahlreichen Bereichen gibt es Lieferengpässe und die Kosten steigen, sodass Projekte verschoben oder erst gar nicht eingeplant werden können.

Welche Folgen hat das für den Trend der Elektromobilität?

Immer mehr Menschen in Deutschland kaufen sich ein E-Auto. Die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos ist zwar im letzten Monat etwas gesunken, über das gesamte Jahr jedoch zusammen mit Hybrid- und Plug-in-Hybriden angestiegen. Dennoch sind viele Menschen gerade aufgrund der fehlenden Ladeinfrastruktur in Deutschland noch skeptisch, wenn es um den Kauf eines Elektroautos geht. Laut einer Studie von EY handelt es sich dabei sogar um den meistgenannten Grund, der Menschen vom Umstieg auf ein E-Auto abhält. Das zeigt: Der grundsätzliche Wunsch nach Elektroautos ist da – allerdings muss die Infrastruktur weiter und vor allem schneller ausgebaut werden, um Menschen flächendeckend überzeugen zu können.

Nötige Maßnahmen, um die Ziele der Bundesregierung zu erreichen

Um bis 2030 eine Million Ladepunkte zur Verfügung stellen zu können, muss das Ausbautempo stark erhöht werden.

Anreize für Unternehmen & Privatpersonen schaffen

Die Ziele zum Ausbau der Ladeinfrastruktur lassen sich kaum erreichen, wenn die Ladestellen ausschließlich durch die öffentliche Hand errichtet werden. Vielmehr benötigt es die Unterstützung von Unternehmen und Privatpersonen, die für ihre Firmenflotte, ihre Gäste oder ihr Eigenheim Ladepunkte errichten. Statt zwangsläufig zur Tankstelle fahren zu müssen, um das E-Auto aufzuladen, können Autofahrer beispielsweise auch während des Besuchs im Restaurant, Hotel oder im Supermarkt eine entsprechende Ladestation verwenden. Das eigene Auto zu Hause laden zu können, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entlastung öffentlicher Ladepunkte. Entsprechend wichtig ist es, mit zielgerichteten Förderprogrammen Anreize für den Ausbau dieser Ladepunkte zu schaffen. Aktuelle Förderprogramme müssen in jedem Fall weiterlaufen und im besten Fall noch erweitert werden, um das Tempo weiter anzuziehen.

Stromnetz ausbauen und stabilisieren

Um eine sichere, flächendeckende und jederzeit verfügbare Ladeinfrastruktur zu bieten, muss auch das Stromnetz entsprechend ausgebaut werden. Durch mehr Elektroautos steigt der Bedarf an Strom – vor allem in den Abendstunden, sodass Kapazitäten entsprechend errichtet werden müssen. Konkret steigt der Strombedarf durch Elektroautos von aktuell etwa 0,5 Prozent auf rund 8 Prozent, sofern es in 2030 wie gefordert etwa 15 Millionen E-Autos gibt. Der Ausbau erneuerbarer Energien hängt demnach stark mit den Anforderungen der Ladeinfrastruktur in Deutschland zusammen – zuverlässige Verfügbarkeit wird auch hier immer wieder als Herausforderung angesehen, die es noch zu meistern gilt.

Rechtliche Rahmenbedingungen erleichtern

Einen Ladepunkt zu errichten, muss für Kommunen und Unternehmen, aber auch für Privatpersonen weiter erleichtert werden. Je länger es dauert, bis nötige Anträge gestellt, Freigaben erteilt und ein passender Standort gefunden wurde, desto höher ist auch die Hemmschwelle, freiwillig eine Ladestation zu errichten. In Kombination mit attraktiven Förderprogrammen können so Unternehmen und Privatpersonen überzeugt werden, den Ausbau der Ladeinfrastruktur aktiv zu unterstützen.

Maßnahmenkatalog „Masterplan Ladeinfrastruktur“ beschlossen

Mitte Oktober hat das Bundeskabinett den „Masterplan Ladeinfrastruktur“ beschlossen. Hier wurden 68 Maßnahmen festgehalten, mit denen der Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigt werden soll. Dazu zählt zum Beispiel, dass Bedarf, Ausbau und Nutzung datenbasiert überprüft und gesteuert werden, mehr Flächen verfügbar gemacht und die Kommunen stärker eingebunden werden sollen. Die Energiebranche hingegen hält die beschlossenen Maßnahmen nach wie vor für unzureichend und fordert besonders bei Genehmigungen und Förderprogrammen mehr Tempo und weniger Bürokratie.

Fazit: Ausbau der Ladeinfrastruktur hat noch einen langen Weg vor sich

Im europäischen Vergleich ist Deutschland in Bezug auf die Ladeinfrastruktur bereits gut aufgestellt. Dennoch ist es noch ein langer Weg, bis wir von einer flächendeckenden Infrastruktur sprechen können, die mehr Menschen davon überzeugt, ein Elektroauto zu kaufen. Besonders mit Blick auf das Verbot von Verbrennern in der Neuzulassung ab 2035 zeigt sich die Relevanz einer ausreichenden Ladeinfrastruktur. Aktuell sind bürokratische Hürden sowohl für die Errichtung von Ladepunkten als auch für die Beantragung von Fördermitteln zu hoch. Sie müssen deutlich verringert werden, damit das Ausbautempo für Ladesäulen weiter ansteigen kann.

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